| 06.11.2025, 09:48 Uhr | | Übersicht | Druckansicht |
Geld und Selbstvertrauen futsch. Enkeltrick und Schockanruf: Immer wieder fallen Senior:innen auf Trickbetrüger rein. Das Präventionstheater der Polizei kämpft dagegen an. Seit vielen Jahren bekämpft die Polizei Trickbetrüger auf ungewöhnliche Weise. Das Präventionstheater des Polizeiabschnittes 22 klärt insbesondere Seniorinnen und Senioren über die Gefahren von Trickbetrug an der Wohnungstür oder per Handy auf. Und doch gelingen immer wieder solche Betrügereien. Grund genug für uns mit 2 Mitwirkenden des Präventionstheaters der Polizei zu sprechen, um das Anliegen der Verbrechensbekämpfung durch rechtzeitige Aufklärung der potentiellen Opfer noch bekannter und erfolgreicher zu machen. Seniorenvertreter Frank-Axel Dietrich sprach mit Herrn Böge, Dienstgruppenleiter aus dem Abschnitt 24 und Frau Pankow, Präventionsbeauftragte des Polizeiabschnitts 22, beide auch Darsteller im Präventionstheater, das es sich zum Zielgesetzt hat in unterhaltsamer Form über die lauernden Gefahren und die Möglichkeiten sich zu wehren aufzuklären.Frau Pankow, Herr Böge, Sie arbeiten bei der Polizei Berlin und engagieren sich im Speziellen im Bereich des Präventionstheaters und thematisieren Trickdiebstahl und Trickbetrug an der Wohnungstür. Das Theaterangebot der Direktion 2 nennt sich ja ausdrücklich Präventionstheater. Warum ist Prävention in der Verbrechensbekämpfung so wichtig? Frau Pankow: Sensibilisierung durch Aufklärung ist wichtig. Dadurch wird die Abwehrbereitschaft gestärkt und die Handlungsmöglichkeiten werden erweitert. Das kann Verbrechen verhindern. Effektive Präventionsarbeit sorgt zudem für die Entlastung von Polizei, Justiz, Gesundheitssystemen und sozialen Institutionen. Die Weitergabe des erworbenen Wissens an Familie, Freunde, Nachbarn und Arbeitskolleginnen und -kollegen sorgt für Nachhaltigkeit, gesamtgesellschaftliche Transparenz, Achtsamkeit und Stärkung in diesem Bereich. Menschen, die bereits Opfer von Straftaten geworden sind, fassen neuen Mut, ihre Scham zu überwinden, die Geschehnisse ans Licht zu bringen und andere Menschen „an die Hand zu nehmen“. Sie zeigen Zivilcourage und sind füreinander da. Daraus entstehen wertvolle Netzwerke, die zur Verhütung von Straftaten beitragen. Herr Böge: Kriminalitätsprävention speziell im Seniorenbereich ist wichtig, da ältere Menschen aufgrund spezifischer Lebensumstände besonders gefährdet sind. Obwohl sie statistisch gesehen seltener Opfer von Straftaten werden, sind die Auswirkungen solcher Delikte für sie oft gravierender. Ältere Menschen sind häufig Ziel von Betrugsmaschen wie dem Enkeltrick, sog. „falschen Polizeibeamten“ oder Schockanrufen. Die Täterinnen und Täter nutzen gezielt das Vertrauen, die Hilfsbereitschaft und die Gutgläubigkeit älterer Personen aus. Die Folgen von Straftaten wie Diebstahl oder Betrug können für Seniorinnen und Senioren psychisch belastender sein als für jüngere Menschen. Viele ziehen sich nach solchen Erlebnissen zurück, entwickeln Ängste oder Schamgefühle und meiden soziale Kontakte. Präventionsmaßnahmen wie Informationsveranstaltungen, Beratungen, Schulungen und eben auch unser Präventionstheater helfen älteren Menschen, Gefahren zu erkennen und sich davor zu schützen. Prävention ist darüber hinaus oft kostengünstiger als die Reaktion auf begangene Straftaten. Wie sind sie zum Präventionstheater gekommen? Frau Pankow: Das Präventionstheater entstand schon 2002 auf Initiative unseres damaligen Polizeiabschnittsleiters Herrn Bukowski, weil es einen starken Anstieg von Trickdiebstahls- und Betrugsdelikten an Wohnungstüren zum Nachteil älterer Menschen gab. Das Präventionstheater ist seitdem fester Bestandteil der Präventionsarbeit in der Polizeidirektion 2 (West). 2019 durfte ich in den Bereich wechseln und für mich war klar, dass ich mitmache. Seit 23 Jahren wechseln die Darsteller. Nur unsere Kollegin Frau Samstag-Wälzer ist von Anfang an als „Martha Krause“ dabei. Herr Böge: Zum Präventionstheater der Polizei Berlin bin ich 2013 gekommen. Ich hatte sofort Lust, ein Teil dieser Gruppe zu werden. Das Thema wird mit dem nötigen Inhalt aber auch ganz viel Humor und Improvisation an die Seniorinnen und Senioren vermittelt. Als Schauspieler verbindet das Theater für mich eine kreative Art der Darstellung mit dem ganz praktischen Ziel, Kriminalität vorzubeugen. Besonders reizvoll fand ich es, auch einmal die Rolle der Täterin/des Täters im Theaterspiel zu übernehmen – das eröffnet neue Blickwinkel und macht deutlich, wie diese denken und vorgehen. Gleichzeitig treibt mich die Motivation an, den Seniorinnen und Senioren Möglichkeiten zu zeigen, wie sie sich schützen können. Sie stellen im Theater ja konkrete Betrugssituationen nach. Frau Pankow: Was ist der Enkeltrick? Frau Pankow: Der Enkeltrick, insbesondere der Schockanruf, ist eine besonders perfide Form des Trickbetruges, die sich gezielt gegen ältere Menschen richtet. Dabei geben sich die Täterinnen und Täter am Telefon als Enkel, Verwandte oder nahestehende Personen aus. Oft beginnen sie mit Sätzen wie: „Rate mal, wer hier dran ist…“ oder „Mama, mir ist was ganz Schlimmes passiert…“ – so bringen sie die angerufene Person dazu, selbst den Namen ihres Verwandten zu nennen, den die Betrüger dann übernehmen. Anschließend schildern diese eine Notlage – zum Beispiel einen Verkehrsunfall, eine dringend benötigte Anzahlung für eine Wohnung oder ein Fahrzeug, eine Kaution für die Polizei, um wieder frei zu kommen o. ä. Häufig wird dann ein „Bote“ geschickt, der im angeblichen Auftrag des Enkels oder der Enkelin das Geld und die Wertgegenstände abholt. Diese Vorgehensweise hat zum Ziel, die Betroffenen so unter Stress zu setzen, dass ein Reflektieren verhindert wird. Ein Präventionshinweis sei an dieser Stelle erlaubt: 1. Behalten Sie persönliche Daten bei sich! 2. Nutzen Sie einen Rückruf bei den echten Angehörigen unter der altbekannten Rufnummer, um sich abzusichern! 3. Wählen Sie dabei selbst und von Hand die Nummer Ihrer Angehörigen! 4. Informieren Sie die Polizei über die „110“, wenn ein Betrugsverdacht besteht! Allein in Charlottenburg-Wilmersdorf ist 2025 der Fall des Schockanrufes 10mal erfasst worden, wobei die Dunkelziffer meistens etwas höher liegt. Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit hoffen wir das Anzeigeverhalten der Betroffenen zu ändern. Durch zunehmende Handynutzung in der älteren Generation nehmen auch neue Betrugsformen zu. So z.B. der sogenannte Messengerbetrug oder auch Betrugsformen durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz. Hier sind wir als Theater stetig gefordert in unserer Darstellung Schritt zu halten. Nur wenn wir die Betrugsformen und die Chancen der Gegenwehr im Theater plastisch und aktuell abbilden, werden wir unserem Auftrag gerecht. Herr Böge: Was ist der Zetteltrick? Herr Böge: Der sogenannte Zetteltrick ist eine Betrugsmasche, die häufig an Wohnungstüren oder Hauseingängen angewendet wird. Täter/innen – oft zwei oder mehr – klingeln bei älteren Menschen und geben vor, dringend einen Zettel und einen Stift zu brauchen. Der Vorwand ist meist sehr harmlos, etwa dass sie einem Nachbarn eine Nachricht hinterlassen wollen. Während das Opfer gutgläubig den Zettel holt oder die Tür offenstehen lässt, nutzen die Täter/innen die Gelegenheit: Entweder verschaffen sie sich unbemerkt Zutritt zur Wohnung oder eine Komplizin oder ein Komplize schleicht sich hinein, während das Opfer abgelenkt ist. Dort durchsuchen sie gezielt Schränke und Räume nach Bargeld, Schmuck oder anderen Wertsachen. Typisch ist, dass die Täter/innen sehr freundlich und unauffällig auftreten – oft wirken sie hilfsbereit oder geben sich sogar als Nachbarn aus. Ihr Ziel ist immer, Vertrauen zu gewinnen und die Situation so alltäglich wie möglich erscheinen zu lassen, damit die Opfer keinen Verdacht schöpfen. Viele Betroffene merken erst Stunden später, dass sie bestohlen wurden. Im Jahr 2025 wurde der Zetteltrick in Charlottenburg-Wilmersdorf insgesamt 7mal erfasst. Im Bereich Trickbetrug und –diebstahl insgesamt sind es 52 erfasste Straftaten. Frau Pankow: Einige Präventionshinweise seien auch hier erlaubt: Lassen Sie keine Fremden in die Wohnung! Legen Sie die Türkette ein, wenn Sie hilfsbereit sein wollen, und geben Sie Zettel mit Stift durch den Türspalt! Hören Sie auf Ihre innere Stimme; sie ist Ihre innere Alarmanlage und hat meistens recht! Ziehen Sie Nachbarn oder Vertrauenspersonen hinzu! Im Zweifel: „Die Tür bleibt zu!“ Bei verdächtigen Situationen wählen Sie bitte die „110“! Kann man den Erfolg des Präventionstheaters im Hinblick auf die „Trickkriminalität“ gegenüber Senior:innen bestimmen? Frau Pankow: Ich kann feststellen, dass seit Einführung des Präventionstheaters ältere Menschen früher und häufiger Kontakt zur Polizei aufnehmen. Sie sind mutiger und sensibler für verdächtige Anrufe, dubiose Nachrichten oder Situationen, die ihnen merkwürdig vorkommen. Viele Besucherinnen und Besucher berichten uns direkt nach den Aufführungen, dass sie durch die Szenen und klaren Botschaften („An der Wohnungstür ist Schluss!“, „Behalten Sie Ihre persönlichen Daten und Wertgegenstände bei sich!“) ermutigt werden, im Zweifel die „110“ zu wählen. Statistisch lässt sich dieser Effekt nicht immer eindeutig belegen, aber wir erleben Begeisterung bei unseren Auftritten und viele unserer Besucherinnen und Besucher verlassen unsere Veranstaltungen mit gestärkten Handlungsstrategien. Herr Böge: Ja, unsere Erfahrungen und Gespräche zeigen, dass durch das Präventionstheater mehr Seniorinnen und Senioren sensibilisiert werden und sich eher trauen, im Verdachtsfall Hilfe zu suchen oder Anzeige zu erstatten. Viele Betroffene erzählen uns nach einer Aufführung, dass sie die Maschen zwar schon einmal gehört hatten, aber erst durch die Darstellung auf der Bühne wirklich verstanden haben, wie raffiniert Täter vorgehen und wie schnell man selbst betroffen sein kann. Das führt dazu, dass mögliche Opfer wachsamer sind, typische Betrugsversuche schneller durchschauen und sich im Zweifel früher an die Polizei wenden. Wir bekommen auch Rückmeldungen von Angehörigen, die sagen, dass sie mit ihren Eltern oder Großeltern nach dem Theaterstück ganz offen über diese Gefahren gesprochen haben. Genau das ist unser Ziel: Aufklärung, damit die Täter gar nicht erst Erfolg haben. Wer kann das Präventionstheater bestellen bzw. besuchen? Kostet es was? Frau Pankow: Der Besuch des Präventionstheaters der Polizei ist kostenlos. Zurzeit treten wir im Bürgersaal des Rathauses Charlottenburg, in der Otto-Suhr-Allee 100, 10585 Berlin, auf. Darüber sind wir sehr glücklich, denn die Räumlichkeit und der dortige Zugang sind barrierefrei und haben somit die erforderlichen Voraussetzungen. Unsere Zielgruppe kann dort gut erreicht werden. Aber für 2026 kann man sich jetzt schon anmelden: Termine 2026
Das Präventionstheater der Polizei Berlin kann auch von Senioreneinrichtungen, Vereinen oder anderen Institutionen angefragt werden, wenn Interesse für Kriminalprävention im Hinblick auf Trickbetrug und -diebstahl besteht und die Rahmenbedingungen stimmen. Die Stücke sind speziell auf die Zielgruppe Seniorinnen und Senioren zugeschnitten. Wichtig ist: Das Präventionstheater ist Teil der Polizeiarbeit und wird kostenlos zur Verfügung gestellt. Recht neu ist auch noch die von uns geschaffene Möglichkeit, unsere Hinweisstücke per Internet als Film abzurufen. Wir fänden es toll, wenn möglichst viele Organisationen, Einrichtungen und Multiplikatoren aber auch Angehörige dafür sorgen würden, dass unsere Hinweise zu den Gefahren aber auch den Möglichkeiten sich zu wehren, ganz viele Seniorinnen und Senioren erreichen. Senior:innenvertreter Frank-Axel Dietrich: Frau Pankow, Her Böge wir danken Ihnen für das Gespräch und natürlich auch für Ihre Arbeit. |
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